Verkauf von Haus oder Wohnung? Nicht ohne eine Immobilien­bewertung!

Wenn eine Immobilie verkauft werden soll oder der Inhaber sich unverbindlich über den aktuellen Marktwert informieren möchte, dann ist eine Immobilienbewertung unumgänglich. Es spielt keine Rolle, ob ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück bewertet werden soll: Nur ein fundiertes Immobiliengutachten liefert die präzisen Daten und Fakten für den Verkauf oder die realistische Einschätzung der Immobilie.

Drei unterschiedlichen Verfahren bei der Immobilienbewertung

Um den exakten, derzeitig gültigen Wert einer Immobilie zu ermitteln, werden drei zentrale Verfahren zurate gezogen:

  • Das Sachwertverfahren
  • Das Vergleichswertverfahren
  • Das Ertragswertverfahren
  • Das Beleihungswertgutachten
  • Das Bodenwertgutachten
  • Das Verkehrswertgutachten (Gerichtsgültig)

 

Wie sich die Spielregeln und ihre unterschiedlichen Methoden unterscheiden, erläutern wir in diesem Kapitel. Sie erfahren außerdem, ob und wann Sie ein aufwendiges vor Gericht gültiges Verkehrswertgutachten benötigen und wann vielleicht ein „einfaches“ Gutachten ausreicht. Nehmen Sie den folgenden Satz bitte ernst: Gutachten ist nicht gleich Gutachten – Sowohl die Methode als auch der Anlass und nicht zuletzt der Gutachter selbst beeinflussen die Immobilienbewertung. Jedes der sechs Verfahren zur Immobilienbewertung basiert auf einem eigenen Prinzip und stützt sich auf ein Hauptanliegen. Die drei Varianten stellen wir Ihnen kurz vor.

Das Sachwertverfahren

Die Methode, bei der die Immobilie selbst im Mittelpunkt steht. Auf Vergleiche oder Informationen zu Gewinnen oder Erträgen wird verzichtet. Das Sachwertverfahren gelangt größtenteils bei Ein- und Zweifamilienhäuser, Reihenhäuser und Doppelhaushälften zur Anwendung. Bei dem Gutachten werden Werte berücksichtigt, die für die Immobilie errechnet werden müssen. So spielt z. B. der Herstellungswert aller Gebäudeteile eine Rolle. Berücksichtigt werden obendrein Lage, Grundstückswert, Baukosten, Modernisierungsmaßnahmen, Baumängel, behördliche Genehmigungen und die altersbedingte Abnutzung.

Das Vergleichswertverfahren

Wie der Name schon ausdrückt, erfolgt die Einschätzung beim Vergleichswertverfahren über den Vergleich mit ähnlich ausgeführten Immobilien. Es kommt zur Wertermittlung von Wohnungen bzw. bei Sondereigentumsverhältnissen zum Einsatz. Der Wert orientiert sich am Durchschnittspreis, vergleichbarer Angebote. Bei einer hohen Anzahl vergleichbarer Objekte fällt das Ergebnis genauer aus. Der Gesamtwert wird zusätzlich beeinflusst von der Energieeffizienz, der Ausstattung und dem Erstellungsdatum.

Das Ertragswertverfahren

Diese Bewertungsmethode bezieht sich vorrangig auf den Ertrag einer Immobilie und darauf, wieviele Jahre noch mit einem solchen Ertrag gerechnet werden kann. Als Basis für die Berechnung wird die Summe des gesamten Jahresmieteinnahmen eingesetzt, die durch zukünftige Bewirtschaftung zu erwarten ist. Abzuziehen sind natürlich die vom Eigentümer nicht umlagefähigen Nebenkosten einer Immobilie. Sowohl Mehrfamilienhäuser als auch zu vermietende Bürogebäude werden mit dem Ertragswertverfahren eingestuft. Häufig werden Eigentumswohnungen ebenfalls mit dem Ertragswertverfahren gerechnet, da der Vergleichswert als ungenau gilt.

Neben dem eigentlichen Jahresnettorohertrag spielen jedoch auch folgende Faktoren wertbeeinflussend in der Berechnung mit ein: Lage, Flächengröße und Mietpreisspiegel, die Restnutzungsdauer, der Liegenschaftszins und der Bodenwert (inklusive Lage und Möglichkeiten hinsichtlich Nutzung und weiterer Ausbau).

Das Beleihungswertgutachten

Das Beleihungswertgutachten dient als Basis für die Höhe des Darlehns bzw. deren Besicherung. Der Beleihungswert gibt an, welchen Wert die Bank aufgrund von Zahlungsproblemen des Kreditschuldners durch einen Verkauf oder eine Versteigerung der beliehenen Immobilie mindestens erhalten würde. Beleihungswertgutachten fallen in der Regel deutlich niedriger als Marktwertgutachten aus, da hier seitens der Bank eventuelle Risiken mehr mit eingebunden werden als bei den anderen Bewertungsmethoden.

Das Bodenwertgutachten

Bei dem Bodenwertgutachten sind Grundstücksgröße oder der Bodenrichtwert (durchschnittlicher Kaufpreis pro m² Grundstück in einem definierten Umkreises) elementare Kerngrößen. Jedoch spielen Untersuchungsberichte von Bodenproben (Bodenkernbohrung, Schürfen und Sondierungen) des Baugrunds eine ebenfalls wichtige wertrelevante Rolle. Die Größe der auf dem Baugrund umzusetzende, genehmigungsfähige Baumaßnahme komplettiert die Kernfaktoren eines Bodenwertgutachtens.

Das Verkehrswertgutachten

Das Verkehrswertgutachten ist ein sehr ausführliches und detailliertes Immobiliengutachten, welches sich häufig auf 30 – 50 Seiten erstreckt. Hierbei fließen alle relevanten Details aus den vorgenannten verschiedenen Gutachten mit ein, um in Summe eine sehr fundierte Aussage zum aktuellen Immobilienwert treffen zu können, welches auch vor Gericht gültig ist. Diese Art von Gutachten dürfen nur von vereidigten Sachverständigen geschrieben werden, was sich auch im Preis und Aufwand des Gutachtens niederschlägt. Immobilienbewertungen können sehr unterschiedlich ausfallen, je nach Methode und den benötigten Hintergrund für die Wertermittlung. Eine endgültige Empfehlung für das jeweils geeignete Verfahren wird der Gutachter mit seiner Marktkompetenz abgeben. Als erfahrener Fachmann kennt er den Markt und hat hinreichend Fingerspitzengefühl entwickelt, um die passenden Kriterien zu bestimmen.

Große und kleinere Immobilienbewer­tungen

Auch wenn die Immobilie nicht sofort verkauft werden soll, kann es eine Vielzahl an Gründen geben, eine fachgerechte Immobilienbewertung zu erstellen – z. B. bei einer Erbschaft oder Schenkung. Bei konkreten Verkaufsabsichten ist die Existenz eines Wertgutachtens förderlich und empfehlenswert. Doch wie umfangreich soll es ausfallen? Geht es um einen Konflikt, erwartet das Gericht ein schriftliches Verkehrswertgutachten. Für einen Verkauf unter normalen Umständen genügt meistens das Sach-, Ertrags- oder Vergleichwertgutachten. So oder so ist die Beauftragung eines Sachverständigen Voraussetzung zur Erstellung.

Neuerdings werden Immobilienbewertungen auch in Form von Online-Gutachten angeboten. Das ist kostengünstig, auch schnell, doch auf jeden Fall problematisch. Denn eine professionelle Einschätzung kann nur vor Ort im Augenschein des Objektes erfolgen. Sollten nur ein oder zwei Angaben in der Begutachtung fehlen oder gar nicht erst vorhanden sein, kommt es zu einem verfälschten Ergebnis. Ein Immobiliengutachten erfordert demnach fast immer eine Besichtigung vor Ort.

Das Vollgutachten zur Immobilienbewertung – teuer, dafür unwiderlegbar.

Die umfangreichste und aufwendigste Option eines Immobiliengutachtens ist das Vollgutachten. Es hat einen Umfang von 30 Seiten plus und seine Erstellung beansprucht üblicherweise einen Zeitrahmen von zwei bis vier Wochen. Ein Vollgutachten sollte ausschließlich durch einen neutralen, öffentlich bestellten Gutachter erfolgen.

Dem Aufwand entsprechend verhalten sich die Kosten: Für ein Vollgutachten werden zwischen 1.000 € und 4.000 € berechnet. Der Charakter und natürlich auch der Umfang der Immobilie beeinträchtigen das Honorar des Gutachters. Ein Mehrfamilien Miethaus verlangt deutlich mehr Zeit und Arbeit als eine Souterrain-Wohnung. Mit einem Verkehrswertgutachten verfügen die Besitzer der Immobilie über ein öffentlich gültiges Dokument. Es wird von den Behörden und vor Gericht anerkannt und als Beweismittel zugelassen. Zur Schlichtung von Konflikten, wie sie bei Erbschaften oder Scheidungen auftreten, erweist sich das Vollgutachten als sinnvoll und nützlich. Bei Streitigkeiten um Erbanteile oder im Scheidungsfall ist ein volles Immobiliengutachten also äußerst nützlich. Doch noch einmal zur Klarstellung: Für den Verkauf einer Immobilie ist ein Vollgutachten kein zwingendes Muss!

Das „einfache“ Gutachten zur Immobilienbewertung reicht normalerweise aus. 

Jeder Sachverständige der Baubranche versteht sich darauf, „einfache“ Wertgutachten zum Verkehrswert einer Immobilie zu erstellen. Das Honorar fällt günstiger aus, weil der Autor kein bestellter und anerkannter Gutachter sein muss. Das „einfache“ Gutachten unterscheidet sich auch im Umfang: Die schriftlich dokumentierte Form beträgt nur einige wenige, überschaubare Seiten. Allerdings fehlt dem „einfachen“ Gutachten die Anerkennung bei einem evtl. stattfindenden Prozess.

Doch sie reichen vollkommen aus, um z. B. den Verkehrswert einer zu verkaufenden Immobilie zu bestimmen. Ausgehend von den aktuell durchgeführten Recherchen enthält die Immobilienbewertung eine realistische Markteinschätzung. Dadurch wird sie zur perfekten Orientierung für Besitzer*innen, um beim Verkaufsprozess nicht übervorteilt zu werden.

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